Gerade habe ich einen Post von Rachel Brathen auf Instagram gelesen. “Yoga Girl” hat über zwei Mio follower, macht jeden Tag Achtsamkeitsübungen, sie ist Yogalehrerin mit einer eigenen Schule, lebt auf Aruba, ist jung und hübsch, hat ein süsses Baby und einen Mann. Sie ist selbstständig, schreibt Bücher und ist sehr erfolgreich und dennoch beschreibt sie, dass sie hadert, sie zweifelt, sie hat Ängste, die sie manchmal vollkommen übermannen. Sie weiß, dass sie gesegnet und priviligiert ist und befürchtet, dass man sie für undankbar hält wenn sie zugibt... yes I struggle!
Das hat mich sehr bewegt und spricht mir aus dem Herzen und deshalb ist es Zeit auch hier die Masken fallen zu lassen...
Ich weiß, es geht mir extrem gut und so eine Reise, wie ich sie gerade mache, davon können die Meisten nur träumen und trotzdem, auch das hat zwei Seiten und es fühlt sich nicht immer nur toll an, auch wenn ich mir damit einen großen Traum erfüllt habe. Ich bin jetzt seit fast 3 Monaten unterwegs, alleine! Und das ist nicht immer einfach.
Fast alle Menschen, die ich kenne sind fest eingespannt in ein Leben mit Familie, Mann und Kindern, Job, Verpflichtungen und alle die so eingebettet sind und damit auch eingebunden, wünschen sich nichts mehr, als einmal daraus ausbrechen zu können, ein wenig mehr Freiheit, sie beneiden mich darum, dass ich machen kann was ich will. Jeden Tag neu für mich entscheiden. Ja, das stimmt aber ich wünsche mir manchmal statt unendlicher Freiheit lieber Geborgenheit, Halt, Struktur und fest verbunden sein. Das sind Werte und Sicherheiten, die man nur temporär gerne gegen Freiheit eintauschen möchte. Aber was, wenn man nicht zurückkehren kann, in das sichere und gewohnte Umfeld, so mühsam dieses auch manchmal erscheinen mag... Was wenn man sich mit über 50 eigentlich noch einmal neu erfinden muss, oder einige Dinge überhaupt noch nicht gefunden hat... eine große Chance aber eben auch eine große Herausforderung.
2019 war ein bewegtes und sehr intensives Jahr für mich, verbunden mit ein paar bedeutenden Verlusten. Ich musste loslassen von einer Beziehung die zunächst so verheißungsvoll begann, dass ich mir nicht vorstellen konnte, dass sie so schnell wieder ein abruptes Ende findet, von Freundschaft, von der ich dachte, sie wäre für immer und von meinem Laden, der 15 Jahre lang “mein Baby” war. Ich musste akzeptieren das manche Dinge einfach nicht funktionieren, so sehr man auch strampelt oder vielleicht gerade deshalb nicht... Ich musste lernen, dass ein Wort nicht immer ein Wort ist oder vielleicht, dass es eben genau diese Worte sind, die auf fruchtbaren Boden fallen, wenn man in einem bestimmten Bereich gerade sehr bedürftig ist, aber aus denen nicht wirklich etwas erwächst, wenn man die Pflanze nicht behütet und beschützt
oder sich eben genau deshalb die eigenen tiefsten Ängste und Befürchtungen bewahrheiten, weil man sie noch nicht aufgelöst hat. Ich habe erfahren, was es bedeutet, mit sich zu sein in den schwierigsten aber auch in den schönsten Momenten und ich habe gelernt auf meine Intuition zu hören und dabei die Erkenntnis gewonnen, dass ich mich immer auf mich verlassen kann.
Ja ich habe tolle Erfahrungen gemacht und viel gelernt auf meiner Reise aber es war zwischendrin auch harte Arbeit. Ich würde mir wünschen, dass mehr Menschen erkennen, dass es sich nicht immer so anfühlt wie es auf den bunten Instagram Bildern aussieht. Und das man nicht undankbar ist, weil man zwischendurch zweifelt. Denn ich glaube das gehört dazu. Und ich glaube, das Leben besteht genau daraus, jeden Zustand als den momentan richtigen anzuerkennen und sich nicht dafür zu verurteilen das man manchmal traurig, wütend oder ängstlich ist, obwohl! man gerade unter einer Palme sitzt. Ich denke es geht darum, alles zu fühlen und das was kommt, kommen und gehen zu lassen, anstatt ständig zu versuchen zu vemeiden, zu verdrängen oder zu kompensieren.
Ich glaube viele Menschen machen es sich zu leicht, wenn sie sagen, etwas hätte so und so zu sein oder etwas passt dann eben nicht, wenn es mal nicht so läuft. Ich glaube besonders auf zwei Menschen bezogen, merkt man sehr schnell wenn etwas nicht passt und wie sich im Unterschied dazu etwas anfühlt, was mit tiefer liegenden Verstrickungen zu tun hat, die nämlich erst dann hochkommen, gerade wenn etwas besonders gut passt. Ich glaube unsere Aufgabe ist es hinzuschauen und zu erkennen, dass egal was uns begegnet ein Hinweis auf uns selbst ist und das es so gut wie immer eine Entsprechung in uns selbst hat, wenn etwas extreme Reaktionen oder ein intensives Gefühl in uns auslöst. Und so weiß ich mittlerweile wo mein tiefster Schmerz liegt und wodurch er auch heute noch abgerufen werden kann. Und ich weiß auch, warum ich diese Reise machen musste, alleine.
Es gibt Momente da glaube ich fest an mich, an die Liebe, an meinen Erfolg und es gibt Zeiten da zweifle ich an mir und daran, “das es jemals etwas wird”... und all das beginnt in uns selbst und damit die eigene Geschichte zu verstehen und zu akzeptieren und zu lernen auch alle Ängste und Zweifel als einen Teil von sich anerkennen.
Sich selbst zu lieben bedeutet seine Talente und Stärken aber auch seine Schwächen anzunehmen. Und alles was geschieht, als eine Chance zu erkennen, daraus zu lernen und zu wachsen.